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Free

 

I wish I knew how it would feel to be free

I wish I could break all the chains holding me

 

Draco stand auf dem Dach des Westturms und sah der Sonne entgegen, die soeben hinter den Bergen versank. Er brauchte Ruhe. Und Zeit. Zeit um nachzudenken. Nachzudenken über sein Leben. Oder das, was sich als sein Leben bezeichnete. War es nicht viel eher das Leben seines Vaters, das er lebte? Und er war in diesem Leben gefangen. Gefesselt von seinem eigenen Vater. Doch er wollte die Ketten und Stricke zerreißen, die ihn hielten. Wollte endlich frei sein.

 

I wish I could say all the things that I should say

Say 'em loud, say 'em clear

For the whole wide world to hear

 

Er wünschte sich, seine Gedanken endlich aussprechen zu könnens. Er wollte endlich zeigen, dass er nicht der war, für den ihn alle hielten. Doch es war, als hätte ihm Lucius einen Knebel in den Mund gesteckt, der nur das durchließ, was von einem Malfoy erwartet wurde. Worte wie ‚Schlammblut’, die den Muggelhass seines Vaters zum Ausdruck brachten, dessen Gedanken er vom ersten Tag seines sogenannten Lebens an eingetrichtert bekommen hatte.

Er wollte in die Welt hinausschreien, dass es ihm Leid tat. Doch er blieb stumm – wie immer!

 

I wish I could share all the love that's in my heart

Remove all the bars that keep us apart

 

Von Narcissa hatte er meist Liebe erhalten. Diese bedingungslose Liebe, die nur eine Mutter ihrem Kind geben konnte. Diese Liebe hatte sich in seinem Herzen festgesetzt, auch wenn es niemand vermutete. Außer vielleicht Narcissa. Sie war ohnehin die einzige, die ihn wirklich kannte. Und die einzige, die er auch nicht im Mindesten verachtete.

Er verachtete seinen Vater, der ihn mit jedem seiner wöchentlichen lieblosen Briefe mehr mit seinem Reinblüter-Gewäsch einzwängte.

Verachtete den Rest seiner ach so tollen Verwandtschaft und vor allem seine Großeltern, weil sie aus seinem Vater das gemacht hatte, was er heute war: Ein brutaler und arroganter Mann, der über Leichen ging.

Verachtete seine 'Freunde' Crabbe und Goyle, weil sie so dumm wie fett waren und immer das taten, was er verlangte.

Er wollte das bisschen Liebe in seinem Herzen, das noch nicht von den Gedanken seines Vaters verdrängt worden war, mit jemandem teilen, doch wusste er nicht mit wem. Garantiert nicht mit diesen Hühnern Millicent und Pansy, die sich ihm ständig an den Hals warfen, ihn nie in Frieden ließen und ihn damit vollends in den Wahnsinn trieben.

Er würde es mit derjenigen teilen, die in ihm das erkannte, was er wirklich war.

 

And I wish you could know how it feels to be me

Then you'd see and agree that every man should be free

 

Vielleicht würden sie ihn verstehen, wenn sie seine wahren Gedanken kannten.

Er war den ewigen Hass auf Potter und seine Freunde leid. Sie hatten ihm nichts getan.

Er wünschte, sie könnten wissen, wie es sich anfühlt, Draco Malfoy zu sein.

Der Junge, der von seinem Vater gezwungen wurde, Menschen zu hassen, nur weil sie existierten.

Der Junge, der seiner Familie Ehre machen musste, der stark sein musste, obwohl der Hass und seine Sehnsucht nach Verständnis und Freiheit ihn zu Boden drückten.

Doch er musste nach außen hin den Stolz seines Vaters und dessen Familie aufrechterhalten und arrogant und hochnäsig durch die Gegend stolzieren.

Durfte keine Schwäche zeigen oder gar weinen, auch wenn Draco mehr als ein Mal am Tag danach zu Mute war.

 

I wish I could be like a bird in the sky

How sweet it would be if I found I could fly

Well I'd soar to the sun and look down at the sea

And I'd sing 'cause I know how it feels to be free

 

Er stand noch immer auf dem Turmdach, die Sonne war längst untergegangen und die Dunkelheit legte sich wie ein schützender Mantel über ihn. In der sternklaren Nacht schien ihm der Vollmond in den Rücken.

Er breitete die Arme aus und schloss die Augen. Der Wind ließ seinen Umhang flattern und er sog den Geruch ein, den der Wind mit sich brachte.

Für einen Moment spielte er mit dem Gedanken, sich einfach fallen zu lassen. Dem ganzen ein Ende zu setzen und dennoch vorher noch den Hauch einer Freiheit zu spüren. Für einen kurzen Augenblick frei zu sein wie ein Vogel, bis alles vorbei wäre.

 

I wish I knew how it would feel to be free

I wish I could break all the chains holding me

And I wish I could say all the things that I wanna say

 

Doc her wich zurück, ließ die Arme sinken und die Gedanken, neu angetrieben vom Wind, kreisten weiter.

Er wollte nicht von dieser Welt gehen, bevor er nicht den Mut gehabt hätte, alles zu sagen, was er sagen wollte.

Er wollte der Welt nicht als gehässiger, arroganter kleiner Fiesling in Erinnerung bleiben.

Er wollte, dass sie wussten, dass er anders war, als er zu sein schien.

Diese Gedanken weckten in hm endlich die Stärke und den Mut, nach denen er so lange erfolglos gesucht hatte.

Nun endlich war er bereit, sich seinem Vater entgegenzustellen.

 

Say 'em loud say 'em clear

For the whole wide world to hear

Say 'em loud say 'em clear

For the whole wide world to hear

Say 'em loud say 'em clear

For the whole wide world to hear

 

Es würde Zeit brauchen, das wusste er. Viel Zeit. Aber am Ende würde er Erfolg haben.

Langsam, sehr langsam wuchs die Erkenntnis in seinem Gewissen...

 

One love, one blood

One life you've got to do what you should

One life with each other

Sisters, Brothers

 

Waren sie am Ende etwa doch alle gleich? Gab es überhaupt einen Unterschied zwischen Reinblütern und Mischblütern?

Könnte ein Unbekannter, der Potter und Granger zusammen sehen würde jemals unterscheiden, wer von beiden reinblütig war? Woran denn? Am Können, was Zaubersprüche anging? Draco entfuhr ein kleiner Lacher. In diesem Punkt, das wurde ihm mit Schrecken bewusst, bestimmt nicht. Er wusste so gut wie alle anderen, dass Granger Jahrgangsbeste war. Es gab keinen Spruch, den sie nicht beherrschte und, das musste sich Draco peinlicherweise eingestehen, nicht einmal er selbst kannte so viele Flüche wie sie.

 

One life but we're not the same

We got to carry each other

Carry each other

 

Nein, gleich waren sie sicherlich nicht, aber sie ähnelten sich alle mehr, als Draco es sich zu diesem Zeitpunkt eingestehen wollte.

Aber er hatte angefangen nachzudenken, und das war gut. Er würde nicht mehr ohne vorher zu überlegen einfach die Gedanken seines Vaters annehmen und weitertragen. Er würde sie hinterfragen und sich sein eigenes Bild machen.

 

I wish I knew how it would feel to be free

 

Er breitete ein letztes Mal die Arme aus. Spürte ein letztes Mal diesen winzigen Hauch von Freiheit, den der kühle Nachtwind mit sich brachte. Auf seinem mondbeschienenen Gesicht zeichnete sich zum ersten Mal seit vielen Jahren ein ehrliches, wenn auch noch schwaches, Lächeln ab.

Er atmete noch ein letztes Mal tief ein, bevor er sich umdrehte, die steinernen Stufen hinabstieg und langsam zu seinem Schlafsaal zurückging.

 

I wish I knew how it would feel to be free

 

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